#53 viele Vehikel führen nach Laos

Über unsere Weiterfahrt nach Laos waren wir uns lange unklar. Bis nach Luang Prabang brauchen wir drei Tage über Land und Wasser, mit dem Flugzeug wären wir schneller. Am Ende siegt die Neugier zwei Tage auf dem Mekong zu schippern. Die Boote starten in Huayxai in Laos und so laufen wir nach zwei Nächten in Chiang Rai morgens zum Busbahnhof. Den Grenzübergang kann mit Hilfe einer Agentur organisieren oder einen auf Reiseblogs angepriesenen Bus nehmen, der einen über die komplette Grenze begleitet. Nach unserer Kalkulation ist es günstiger, wenn wir das selbst Stück für Stück organisieren und so wählen wir erst einmal einen Bus der uns bis zur Freundschaftsbrücke bringen soll. An dieser Stelle ist der Mekong die natürliche Grenze zwischen Thailand und Laos, mit dem Überqueren der Brücke, wechseln wir auch das Land.

Im Bus bekommen wir einen der letzten Doppelsitze, alternativ gäbe es nur Dreier Sitzplatzreihen, was nur problematisch ist, sobald ein Europäer darauf Platz nimmt. Asiaten sind einfach schmaler, keiner der Sitze ist breit genug für uns und so quetschen wir uns wenigstens nur zweit in die Reihe. Dominiks linker Arm muss aus dem Fenster hängen, Jasmins Pobacke hängt halb im Gang. Unsere Backpacks werden einfach im hinteren Türbereich platziert, der Bus ist voll, nur eine Handvoll Touristen, der Rest sind Einheimische. Wir fahren ein paar Hundertmeter, bevor wir von dem gerade eingenommenen Geld der Bustickets erst einmal tanken. Den Touristen steht die Panik ins Gesicht geschrieben. Jasmin hat bereits sämtliche Schichten übergezogen, die sie im oberen Bereich des Backpacks finden konnte, inklusive Windbreaker und Wollmütze, denn die Klimaanlage in diesem Bus sind zwei offene Türen und komplett offene Fenster. Der Franzose in der letzten Reihe nutzt die Pause und fleht die Busbegleiterin an, zumindest die letzte Tür zu schließen. Die Einheimischen verfallen in Gelächter. Für circa 10 Minuten werden beide Türen geschlossen, dann stoppen wir erneut, der nächste Fahrgast steigt ein, beide Türen sind offen. Die Mittagshitze brennt, im Bus zieht es.

Hat Jasmin das Angebot des Franzosen aus der letzten Reihe auf ihr Gepäck aufzupassen noch lächelnd abgewunken, sind wir doch erleichtert, als bei einer scharfen Kurve einer unserer Rucksäcke Richtung offener Tür rutscht und sie ihn abfangen. Nach 2,5h Fahrt verlassen wir den Bus tatsächlich mit beiden Rucksäcken. Nur die Freundschaftsbrücke ist nicht in Sicht. Die Busbegleiterin und einer der TukTuk Fahrer „wechseln“ noch schnell Geld hinterm Bus und wir fahren für Thailand teure 3 Euro mit dem TukTuk zur Grenze. Wir ahnen, dass die auf Reiseblogs angepriesene Buslinie, vielleicht doch die bessere Option gewesen wäre.

Schlangen an der Passkontrolle warten hier nicht, innerhalb weniger Minuten haben wir Thailand verlassen. Wir laufen gerade Richtung Freundschaftsbrücke, da ruft uns ein Angestellter zurück. Er deutet auf ein Schild. Fußgänger sind auf der Brücke verboten. Entsetzt starren wir auf das Schild, wir dachten wir können die Ländergrenze zu Fuß überqueren, stattdessen verpflichtet man uns für etwa einen Euro pro Person ein Busticket zu kaufen. Das Warten auf den Bus, dauert natürlich wesentlich länger als die Fahrt selbst. Die Backpacks werden trotzdem im Gepäckfach verstaut. Jasmins Rucksack ist der Letzte. Für jeden Tetris Profi wäre auf den ersten Blick klar, der passt so nicht mehr. Dem Busfahrer ist das egal. Jasmins Rucksack überschlägt sich mehrmals und wird mit Nachdruck ins Fach befördert. Ihr Quieken lässt ihn lachen, wenigstens einer hat Freude daran.

Nach nur wenigen Minuten steigen wir wieder aus, die Rucksäcke sind schon ausgeräumt als wir den Bus verlassen. Jasmins steht in Vogelkacke, mehr Platz war an der menschenleeren Grenze offenbar nicht. Gebäude und Verkehrsaufkommen stehen hier in keinem Verhältnis. Ein wahres Monument beherbergt die kleinen 4 Schalter zum Einreisen nach Laos. Nach ein wenig Papierkram, nur halbausgefüllten Zetteln und einigen Schaltern, müssen wir noch bezahlen. Haben uns Jasmins Eltern noch schnell ein paar alte Dollar vor der Abreise zugesteckt, nimmt man es hier sehr genau. Die Dame reicht uns die 60 Dollar direkt zurück und tippt auf einen Zettel. Die Dollar müssen aus der aktuellen Kollektion stammen, sind am besten gebügelt und makellos. Auch von unserer späteren Reisegruppe erfahren wir, dass niemand in Dollar bezahlen durfte. Manche Geldscheine wurden solange gedreht und gewendet, dass sie tatsächlich einen Riss hatten und wurden daraufhin mit einem Klebestift repariert. Wir wollen also in Kip bezahlen, der laotischen Währung. Dominik reicht ihr den Betrag, sie schüttelt den Kopf und gibt ihm das Geld zurück. Er will aber nach Laos und reicht ihr den Bündel Scheine erneut. Sie schüttelt den Kopf und sagt erneut den Betrag in KIP. Dominik hat sich um eine 0 geirrt, mit 100.000 Scheinen zu bezahlen, müssen wir erst noch üben. Wir stehen auf laotischem Boden.

Nach der Grenze folgt die nächste Überraschung, natürlich benötigen wir ein TukTuk um nach Huayxai zu kommen. Das Sammel TukTuk startet aber erst bei fünf Fahrgästen. Der Grenzübergang war doch aufwendiger als erwartet, nach weiteren 15 Minuten kommen drei junge Asiaten, die auch in die Stadt wollen, kurz vor Abfahrt springt noch ein junger Einheimischer auf. Wir zeigen dem Fahrer ein Hostel, an dem er uns absetzen soll und dann geht es los. Schon nach wenigen Hundertmetern kollidieren wir fast mit einem LKW, penetrantes Hupen rettet uns. Der Wind weht uns um die Nase, wir sehen den Mekong und die ersten Häuser in Laos. Wir sind gespannt wo wir heute übernachten werden. Es gab nur wenige Unterkünfte, die online zu buchen waren, die Preise schienen uns der Leistung nicht entsprechend und so reisen wir völlig flexibel und buchen vor Ort.

Plötzlich biegt der TukTuk Fahrer in eine Einfahrt. Es sieht aus wie eine TukTuk Anlaufstelle. Panisch schauen wir die anderen Fahrgäste an, der einzelne Fahrgast springt ab, sichtlich erleichtert scheinen auch die anderen drei Jungen zu sein. Wir fahren weiter. Der nächste Stopp ein Busbahnhof. Wieder der verzweifelte Blick. Also wir sind hier falsch. Der Fahrer steigt aus und winkt die drei Jungs vom TukTuk, diese sehen eher verwirrt als begeistert aus. Auch sie scheinen hier nicht aussteigen zu wollen. Der Fahrer lässt ihnen keine Wahl und während wir uns festhalten, da das TukTuk schon wieder los ruckelt, winken sie uns halb lachend, halb verwirrt hinterher.

Wir atmen auf, als wir vor dem Hostel halten. Es sieht nett aus. Das junge Mädchen an der Rezeption spricht gutes Englisch. Leider ist kein Zimmer mehr frei, aber zwei Häuser weiter sei ein sehr gutes Gästehaus. Beim Rausgehen sieht Jasmin noch ein Schild, dass auf den Ticketverkauf für die Slow Boote hinweist. Wir hatten schon befürchtet für den Ticketkauf zum Pier fahren zu müssen, aber das erleichtert uns den Tag ungemein. Das empfohlene Gästehaus wirkt freundlich. Jasmin prüft das Zimmer, was Jasmin gefällt, reicht auch Dominik. Für 8 Euro die Nacht ist es ok, im Innenhof hängt frischgewaschene Wäsche und der Boden riecht frisch gewischt, mehr hatten wir nicht erwartet. Wir nehmen es, stellen die Rucksäcke ab, kaufen die Boottickets im Hostel und bekommen sogar noch einige Essensempfehlungen für das Dorf, denn mehr als ein paar Häuser gibt es hier nicht. Das erste Restaurant hat zu, aber die selbst zubereiteten Snacks einer älteren Dame sind die besten Buns die wir auf unserer Reise bisher hatten. Kartoffeln mit Fleisch in Teigtaschen, Kokosteigtaschen und in Teig gebackene Banane und Süßkartoffel verkauft sie. Es schmeckt so gut, dass wir kehrt machen und eine zweite Tüte kaufen. Sie lacht.

Wir schlendern durchs Dorf die Straße entlang und wer begegnet uns, unsere drei asiatischen TukTuk Reisenden. Sie lachen genau wie wir. Laut johlend winken wir uns zu. Nur ein paar Meter weiter finden wir eine Tempelanlage. Bereits nach den ersten Stufen hat man einen wunderbaren Blick auf den Mekong, die Sonne steht langsam tiefer, wir setzen uns auf die Treppen und genießen. An manchen Tagen schwindet das Reisefieber ein wenig, aber dann folgen Tage wie dieser. In diesem Moment auf der Treppe sind wir einfach nur zufrieden und können die Abenteuer der nächsten Tage gar nicht erwarten. Die Tempelanlage ist das erste Mal nicht prunkvoll, sondern authentisch. So hatten wir uns das vorgestellt. Der Blick ist umwerfend. Auf dem Weg nach unten finden wir das Restaurant, in dem wir später zu Abend essen wollen. Selbst als wir nur die Karte lesen und kehrt machen bedankt sich eine Dame sehr freundlich für unseren Besuch. Laos, wir mögen dich schon jetzt.

Wir schlendern weiter durchs Dorf. Viel gibt es hier nicht zu entdecken und als wir gerade umkehren wollen, sehen wir ein Schild, dass Reisende dazu einlädt den Dorfkindern Englisch beizubringen. Wir fragen den Leiter des Projektes Reading Elephant Laos, wie das ganze abläuft, sind begeistert und versprechen um 17:00 Uhr zurück zu sein. Vor den ersten Kindern erreichen wir die kleine Bibliothek erneut. Ihr Betreiber erzählt uns von seinem Projekt, das er mit einem Berliner gemeinsam betreibt. Er ist eigentlich Verleger für Kinderbücher und betreibt diese Bücherei, um Kinder beim Lesen zu unterstützen. Bücher sind hier Mangelware. In manchen Regionen schließen Kinder nur die Grundschule ab, gibt es zwar etwas wie Schulpflicht, müssen manche Kinder trotzdem die ganz kleinen Geschwister hüten, während die Eltern arbeiten. Wir freuen uns, dass auch wir etwas dazu beitragen können und spielen schon kurz darauf Mikado, lassen die Kinder Punkte zählen, zeichnen Bilder und benennen Tiere.

Nach zwei Stunden bedanken wir uns für den tollen Nachmittag. Es war schön mit so wenig helfen zu dürfen. Den Abend lassen wir im zuvor ausgewählten Restaurant mit Mekong Blick ausklingen. Als wir ankommen, sind alle Tische belegt, es bleibt nur die Bar. Ein junger Reisender bietet uns seinen Tisch an, er wäre eh gerade fertig. Schnell kommen wir ins Gespräch, er ist auch Deutscher, fährt ebenfalls morgen mit dem Boot und ist sogar im gleichen Hotel untergekommen. Während wir essen bestellt er noch eine zweite Runde Bier und so verbringen wir den Abend in netter Gesellschaft. Gekrönt wird das Dinner durch einen kleinen, aus Frankreich importierten Camembert, der jeden Cent der 2,50 Euro wert ist. Der Inhaber ist ein ausgewanderter Franzose. Jasmin bedankt sich ausgiebig bei ihm. Es ist der erste Käse nach Wochen. Trotz guter asiatischer Küche fehlen manche Lebensmittel eben doch.

Am nächsten Morgen bleibt genug Zeit für eine kleines Frühstück im Hotel und das Einkaufen von einigen Snacks, unter anderem bei der alten Dame gegenüber. Abgeholt werden wir mit dem TukTuk vor dem Hostel, 2 Stunden vor Fahrtbeginn des Slow Boats. Ganz schön früh für ein paar Kilometer Fahrt.

Wir steigen zu sechst in das TukTuk. Stellend lachend fest, dass wir 5 Deutsche sind und eine Niederländerin. Unterwegs halten wir noch kurz, zwei Jungs springen mit auf, ein Franzose ohne Akzent, da die Eltern aus Neuseeland stammen und ein Portugiese, der in Dänemark wohnt. Wir sind eine muntere Truppe bleiben auch beim Absteigen zusammen und bekommen fast alle Sitzplätze im vorderer Bootsbereich. Jeder von uns Backpackern hat vorab den Reiseführer studiert und weiß, dass die Sitzplätze vorne essenziell sind. Im hinteren Bereich sitzt man geradewegs neben dem Motor.

Die Laoten beweisen hier Geschäftssinn. Fünf kleine Stände verkaufen von dem Pier Snacks, Getränke, Obst, Bier und sogar Tüten mit Eiswürfel, um das Bier kühl zu stellen. Wir bringen unser Gepäck an Board und schauen zu wie sich das Boot langsam füllt. Die beiden Jungs konnten ihre Plätze tauschen, wir acht sitzen nun alle zusammen. Selbst als alle Plätze belegt sind, nehmen wir weitere Passagiere an Bord, auf dem Dach wird noch Ladung verstaut, mehr Boote brechen heute nicht mehr auf. Wir sind das Letzte und so werden die letzten Touristen einfach auf den Boden gesetzt. Wir verdanken unsere Sitzplätze nur der frühen Anreise, zwei Tage auf dem Mekong können starten.